Kurzcharakteristik

Lage: Dresden-Altstadt, Stadtmitte; zw. Wilsdruffer Straße und Dr.-Külz-Ring
Stadtteil: Altstadt
Planer:

Westseite:
nach Plänen von Johannes Rascher, Gerd Guder, Gerhard Müller und Kollektiv; Glasmosaiksäule von Johannes Beutner; Reliefgestaltungen unter den Arkaden von Rudolf Wittig u.Max Piroch; Kunstschmiedearbeiten von Karl Bergmann

Ostseite:
nach Plänen von Herbert Schneider, Kurt Röthig, Hans Konrad und Kollektiv,; Kopfbau Ecke Wilsdruffer Straße: Architekt Werner Hartig; Innengestaltung: Heinz Zimmermann und Kollektiv; Figurengruppen am Hauptportal von Otto Rost, am Eingang „Altmarkt-Keller“ von Ernst Kremer

Bauphase:

Westseite: 1953-1958
Ostseite: 1953-1956

Kurzbeschreibung:

mit der Westseite Altmarkt wurde 1953 der Neuaufbau des Stadtzentrums begonnen (Teil des „Nationalen Aufbauprogramms“), auf historischem Boden (älteste, regelmäßige Platzanlage in Dresden) entstand eine 7-geschossige Bebauung und bildete die westliche Platzfront des Altmarktes (183 m); städtebauliche Akzentuierung an der Westseite und Bezugspunkt für die südliche Platzfront des Altmarktes, traditionelle Bauweise, hervorgezogene Rundbogenarkaden in Sandstein mit Durchgang zur Webergasse; Sandstein-Putzfassaden in Anlehnung an Dresdner Barocktradition

Ostseite: östliche Platzfront des Altmarktes (99 m), 7-geschossige Bebauung, Arkadendurchgang zur Weißen Gasse; 120 Wohnungen, 1- und 2geschossige Läden; Kopfbau Ecke Wilsdruffer Straße mit Arkadenausbildung; traditionelle Bauweise, Sandstein-Putzfassaden mit Erkerausbildungen in Anlehnung an Dresdner Barocktradition

Nutzung: Wohn- und Geschäftszentrum: Wohnungen, 1- und 2-geschossige Läden,
„Café Prag“ mit 428 Gaststättenplätzen, ehem. Gaststättenkomplex „Haus Altmarkt“ mit 748 Plätzen, ehem. Warenhaus "Centrum" (später "Intecta")

Beschreibung:

Der Dresdner Altmarkt ist der älteste geplante Platz in Dresden. Nach der Zerstörung 1945 wurde er nach den Vorstellungen des sozialistischen Städtebaus Anfang der 1950er Jahre wiederaufgebaut.
Der Platz wurde hierfür um ein Vielfaches vergrößert. Die östliche und westliche Platzfront wird von einer siebengeschossigen Wohn- und Geschäftsbebauung begrenzt. Die südliche Front wurde freigelassen. An der nördlichen Seite schließt die ehemalige Ernst-Thälmann-Straße (heute Wilsdruffer Straße) mit einer ähnlichen repräsentativen Bebauung an das Altmarktensemble an. Der Kulturpalast schließt das Raumgefüge an dieser Seite ab.

Für die Planung des Altmarktes fanden zwischen 1950 und 1953 verschiedene städtebauliche Wettbewerbe statt. Vor allem die in den „Sechzehn Grundsätzen des Städtebaus“ formulierten gesellschaftspolitischen Leitlinien und die damit geforderte Schaffung eines Demonstrationsplatzes für "Standdemonstrationen" und die Magistrale für "Fließdemonstrationen" waren wesentliche Grundlagen für die Projektierung des Innenstadtgebietes.

Die Westfront der Altmarktbebauung entstand nach Entwürfen von Rascher, Alexander Künzer u.a., die Ostseite folgte Planungen von Herbert Schneider, Kurt Röthig, Hans Konrad u.a.
Die Gebäude der West- als auch die Ostfront verfügen über symmetrisch gegliederte Sandstein-Putzfassaden mit durchlaufenden Erkern, Satteldächer mit Dachgauben sowie gesprengte Giebel als Schmuckelemente. Diese Gestaltungselemente stehen in der Dresdner Barocktradition. Die Firsthöhe der Gebäude beträgt 26 m. Die Zeilen der beiden Altmarktseiten unterscheiden sich nur in geringen Details und bilden ein harmonisches Gesamtwerk.

Die von Johannes Rascher entworfene Westseite verfügt über eine durchgängige Arkadenpassage mit Geschäften und Restaurants. Das Obergeschoss mit Wohnnutzungen ist zurückgesetzt. Einen markanten Abschluss zur Nordseite bildet als Kopfbau das ehemalige Warenhaus „Centrum“.
Die Ostseite, nach Herbert Schneiders Plänen errichtet, wird durch die Kolossalordnung zwischen dem zweitem und fünften Obergeschos, den geschwungenen Fensterbedachungen und einer Balustrade charakterisiert. Auch hier sind die Gebäude funktional unterteilt in Geschäftsnutzung im Erdgeschoss tw. auch 1. Obergeschoss und Wohnungen in den anschließenden Geschossen.
Den Abschluss zur Wilsdruffer Straße bildet das ehemalige „Haus Altmarkt“, welches dem ehemaligen Warenhaus „Centrum“ in ebenbürtiger Weise gegenübersteht. Es nimmt die Arkaden der Westseite auf und entspricht mit der Sandstein-Putzfassade sowie den Erkerausbildungen ebenso der lokalen Bautradition. Der Eingang wird durch das Hauptportal mit einer doppelten Säulenstellung, welches von einer Figurengruppe bekrönt ist aufwendig markiert.
Während sich die durch Vor- und Rücksprünge gegliederte Zeile an der Westfront bis zum Dr.-Külz-Ring geradlinig hinzieht, wird die Bebauung an der Ostseite durch die Kreuzkirche begrenzt. Nach Osten schließt sich jedoch ein ebenfalls unter der Leitung von Herbert Schneider entworfenes Geviert in der gleichen Formensprache wie die Altmarktbebauung an.
Den Abschluss der Nordseite formt der Kulturpalast, der im markanten Gegensatz zur sonstigen Gestaltung steht.

Denkmalpflege:

Die Altmarktbebauung gilt als Zeugnis des Wiederaufbaus und der Baupolitik in Ostdeutschland. Die Innenstadt von Dresden zählt neben der ehemaligen Stalinallee (heute Karl-Marx-Allee) in Berlin, der Rostocker Langen Straße, der Leipziger Ringbebbauung und Eisenhüttenstadt zu den bedeutendsten Zeugnissen des Städtebaus der 1950er Jahre in der DDR. Diese Bauten stehen als Beispiele für die Umsetzung der einheitlichen politischen, gesetzlichen und organisatorischen Grundlagen für den Aufbau der zerstörten Städte, die von der Regierung der DDR geschaffen wurden (siehe hierzu auch „Epoche 1950-55“). In diesem Sinne begann 1953 im Rahmen des „Nationalen Aufbauprogramms“ der Wiederaufbau des Altmarktareals.

Die von 1953-1958 errichteten Gebäudekomplexe am Altmarkt folgten in ihrer Gestaltung der verordneten Architektursprache der nationalen Bautraditionen. In Dresden bedeutete dies in erster Linie die Vermittlung barocker Elemente, die in weiterentwickelter Form zur Ausprägung kommen sollten (siehe Warenhaus „Centrum“, Hans Gericke).
Die Ausführung dieser Bauten ist auch von künstlerischem hohen Wert. Die besondere Leistung beruht auf der repräsentativen Form eines innerstädtischen Gebäudekomplexes an einem exponierten Standort, der klar aufgebauten Fassadengliederung, der effektvoll in Erscheinung tretende Gliederungs- und Dekorationselemente und des einheitlichen Erscheinungsbild im Äußeren wie im Innern. Darüber hinaus ist die Fertigung dieser Bauten letztmalig im Zusammenwirken aller Baugewerke entstanden, die eine in sich geschlossene baukünstlerische Leistung vollbracht haben, die trotz einiger Veränderungen noch erlebbar ist.

Somit ist das städtebauliche und architektonische Ensemble am Altmarkt unter baugeschichtlichen, städtebaulichen und künstlerischen Aspekten von großer Bedeutung. Es verfügt aufgrund seiner einheitlichen Planungsgeschichte sowie lokaler Besonderheiten über eine stadtentwicklungsgeschichtlichen Unverwechselbarkeit, die seinen städtebaulichen Wert nochmals unterstreicht.
Die Notwendigkeit der Erhaltung dieser Bauten ist in das Bewusstsein eines breiten Sachverständigenkreises sowie der Bevölkerung eingegangen. Das gesamte Altmarktensemble und die Bebauung der ehemaligen Ernst-Thälmann-Straße ist bereits zu DDR-Zeiten in der Bezirksdenkmalliste erfasst worden. Indessen gehören sie einer abgeschlossenen Epoche an, was zu einer stärkeren Akzeptanz ihres Denkmalstatus in der Bevölkerung geführt hat. Nicht zu vergessen ist der Seltenheitswert, den die Bebauung durch die angesprochene einmalige Entwicklungsgeschichte erlangt hat.

Quellen / Literaturtipps:

Nr. [1] - [3] - [4]