Kurzcharakteristik
Lage: Verbindung zwischen Neustädter Markt und Albertplatz
Stadtteil: Innere Neustadt
Planer:

Heinz Michalk, Kurt W. Leucht, Konrad Lässig, Günther Grünberg (Städtebau);
Siegmar Schreiber, Wolfgang Schumann, Erich Kuphal und Kollektiv (Architektur, WBS 70 Dresden);
Günther Gruner, Heinz Mersiowsky und Kollektiv (Ladenunterbauten und Gaststätten)
Günther Krätzschmar (Freiflächengestaltung)

Bauphase: 1974-1980
Kurzbeschreibung: Hauptachse des ehemaligen dreistrahligen Straßensystems (angelegt seit 1730 auf der Grundlage eines Bebauungsplans von 1685, Entwurf W. C. von Klengel) mit konvergierenden Baufluchten.
Bebauung 1945 größtenteils zerstört, Wiederaufbau 1974/80 unter Aufgabe der beiden seitlichen Straßenachsen
Neugestaltung der ehemaligen Hauptstraße unter Einbeziehung der Altbausubstanz als Bestandteil der Nord-Süd- Fußgängermagistrale, 5-geschossige Wohnbauten mit 390 WE, Ladenunterbauten, horizontale Fassadengliederung, plast. Betonbrüstungsplatte mit Keramikmosaik. Meißner Weinkeller 150 Plätze in den erhalten gebliebenen Tonnengewölben des 1945 zerstörten Neustädter Rathauses
Nutzung: Wohn- und Geschäftsstraße

Beschreibung:

Die Hauptstraße ist die wichtigste Achse in der Inneren Neustadt. Sie verbindet den Albertplatz mit dem Neustädter Markt.

Städtebau

Nach dem Stadtbrand 1685 und der damit verbundenen fast vollständigen Zerstörung des Siedlungskernes auf der rechtselbischen Seite wird dieser Bereich auf der Grundlage von Plänen von Wolf Caspar von Klengels nach barocken Leitbildern wiederaufgebaut, die bis 1945 eine endgültige Grundrisskonzeption darstellten. Damit waren starke Eingriffe in das bisherige Raumgebilde verbunden. Klengels legte die westliche Flucht der Hauptstraße im Bereich der alten Dreikönigskirche bewusst gegen die nordwärts davon weiter östlich verlaufende Bauflucht zurück.
Die Durchführung der breiten Hauptstraße machte die Verlegung der Dreikönigskirche notwendig. Diese war 1685 mit ausgebrannt und wurde nunmehr abgetragen. Nach einem Interimsbau begann man 1732 mit Neubau der heutigen Dreikönigskirche, die städtebaulich richtig an der Westseite der Hauptstraße ihren Platz fand. Der Turm bildet trotz rückwärtiger Stellung eine Dominante und unterteilt als vertikaler Akzent den Straßenraum in zwei Erlebnisabschnitte.

Der Bebauungsplan von 1731 zeigt im Endergebnis den heute noch vorhandenen, gleichmäßig von Norden zum Elbufer hin konisch sich erweiternden Straßenraum am südlichen Auslauf. Die Verbreiterung auf das fast Doppelte der Straße bewirkt eine optische Verlängerung. Die Hauptstraße ist seitlich nach Westen geschwungen. Sie liegt nicht in der direkten Achse der Augustusbrücke, womit ein verhältnismäßig reizloses Straßenbild verhindert wird. Nur die östliche Längswand der Hauptstraße läuft auf den offenen Elbraum und auf die Brücke frei aus, während die Westfront der Straße von der elbseitigen Bebauung des Neustädter Marktes optisch abgefangen wird.

Unmittelbar neben dem Brückenkopf der Augustusbrücke wirkt als städtebauliche Dominante und Blickziel das Blockhaus Longuelunes, welches 1728 errichtet wurde und von 1978 bis 1980 als Wohngebietsgaststätte wiederaufgebaut wurde.
Am Nordwestrand der „neuen Königstadt“, wie sie auf Wunsch August des Starken genannt wurde, wird eine weitere Achse, die Königstraße geschaffen, die als Zielpunkt das am Elbufer liegende Japanische Palais erhält. Die einheitliche architektonische Ausbildung der Häuser der Königstraße brachte das Palais in reizvoller Weise in seiner Umgebung zu dominierender Wirkung. Der Gestaltungsschwerpunkt lag stets in unmittelbarer Nähe zum Elbufer. Städtebaulich antwortete dem Japanischen Palais das Max-Palais, das 1890 abgebrochen wurde. Der Strom übernahm die Zusammenführung und bildmäßige Verknüpfung der beiden Bauten.

Aufbaugebiet Innere Neustadt, Wohnungsbaukomplex Innere Neustadt

Das Aufbaugebiet Innere Neustadt schließt den südlichen Bereich der Hauptstraße zum Neustädter Markt ab. Die Hauptstraße wurde von 1971 bis 1980 als Fußgängerzone ausgebaut. Teilweise wurden historische Straßenzüge durch die Neubebauung abgeschnitten. Der halböffentliche Bereich hinter den Blöcken ist durch Passagen erschlossen.

Das Aufbaugebiet Innere Neustadt umfasst acht Wohnbaublöcke von denen sechs unmittelbar den Rahmen für die Hauptstraße bilden (siehe Karte). Diese sind zudem in der Erdgeschosszone mit Läden und durchgängigen Arkaden ausgestattet.
Verwendet wurde die Bauweise in Großplatten vom Typ WBS 70 mit straßenseitigen und rückwärtigen Vorbauten. Die Gesimshöhe der erhaltenen Barockhäuser im nördlich anschließenden Bereich wurden übernommen.
Die Blöcke sind einzelne Sektionen unterteilt, die unterschiedlich viele Wohneinheiten umfassen.

  • Block I A, 7 Häuser, 70 Wohneinheiten
  • Block I B, 8 Häuser, 90 Wohneinheiten
  • Block II, 8 Häuser, 80 Wohneinheiten
  • Block IV A, 8 Häuser, 80 Wohneinheiten
  • Block IV B, 7 Häuser, 70 Wohneinheiten
  • Block V, 6 Häuser, 108 Wohneinheiten

Der konstruktive Aufbau der Gebäude gliedert sich aufgrund funktioneller, bautechnischer und bautechnologischer Forderungen in mehrere Teilbereiche. Außer der Unterschiede zwischen den gesellschaftlichen Einrichtungen der Läden und den Wohnungen spielen bei dieser Gliederung insbesondere die Verwendung verschiedener Bauweisen und Ausführungsmethoden und die zeitliche Reihenfolge der Errichtung der Baukörper eine Rolle. So können z.B. die Vorbaubereiche an der Rückfront erst nach Abschluss der Wohnungsbaumontage und die straßenseitigen Vorbauten immer erst nach Beendigung der Ausbauarbeiten und Abbau der Lastenaufzüge vor den Loggien errichtet werden.

Im Einzelnen lassen sich die Gebäudeteile wie folgt gliedern:

  1. Wohnungsbau 1.-5. Obergeschoss
  2. Unterbau: Decken- und Abfangkonstruktionen im Keller- und Erdgeschoss unter dem Wohnungsbau einschließlich Gründungen
  3. straßenseitiger Vorbau: Laden- und Arkadenbereich im Erdgeschoss nicht unterkellert einschließlich Gründungen
  4. rückwärtiger Vorbau: Ladenbereich in Keller- und Erdgeschoss, einschließlich Gründungen

In Block IV A an der nordwestlichen Ecke wurde eine Kellergaststätte unter Verwendung der Gewölbe und Umfassungswände des 1945 ausgebrannten und später abgetragenen Neustädter Rathauses eingerichtet. Die Gewölbe wurden mit Deckenbalken überspannt und wurden somit nicht mehr belastet, die alten Wände und Fundamente wurden jedoch auch statisch in die Neubebauung integriert.

Die gestalterische Lösung der Fassaden des Laden- und Arkadenbereiches entspricht der Grundkonzeption des gesamten Bebauungsgebietes. Im Erdgeschoss wechseln Schaufenstern und Sandsteinflächen ab. Die Brüstungen der Schaufenster erhalten Granitverkleidungen aus poliertem Lausitzer Granit. Die Gestaltung auf der Hofseite ist weniger aufwendig in Kratzputz ausgeführt.

Die Kellerbereiche stehen der Nutzung durch die Mieter zur Verfügung. Außer den technischen Räumen wurden Wasch- und Trockenräume mit Waschmaschinen, Schleudern und Waschtrögen für die Mieter vorgesehen, desgleichen Abstellräume für Fahrräder und Kinderwagen.
Außerdem gab es bestimmte Bereiche der Mieterkeller, die als Luftschutzräume dienen sollten. Diese wurden für diesen Zweck mit trümmersicheren Decken, gasdichten Türen sowie Lüftungsanlagen, die im Ernstfall auf Luftansaugung über Grobsandfilter bzw. Druckwellendämpfer und bei Stromausfall auf Handbetrieb umgeschalten werden konnten, besonders ausgestattet.


Denkmalpflege:

Der Grundriss der Inneren Neustadt und somit auch die Lage der Hauptstraße gehen auf barocken Planungen zurück. Sie sind somit Zeugnisse einer prägenden Epoche Dresdens. Im Zuge der Neubebauungen der 1970er Jahre wurden diese Strukturen teilweise sehr stark überformt. Die Hauptstraße wurde durch die optische Trennung von den Seitenstraßen als dominanter Straßenzug sowohl innerhalb der Inneren Neustadt als auch durch die im Rahmen der gesamtstädtischen Planung vorgesehene Nord-Süd-Achse besonders hervorgehoben. Die flankierenden Straßenachsen verloren dementsprechend an Bedeutung.

Auch der Charakter der ehemals sehr betriebsamen Verkehrsstraße wurde durch die Umwidmung zur Fußgängerzone verändert.
Die Neubebauung nach standardisierten Vorgaben stellt kein herausragendes architektonisch oder kunsthistorisch wertvolles Beispiel moderner Baukunst dar. Sie wurden zudem in den letzten Jahren neuen Nutzungsansprüchen angepasst und wiederum stark verändert. Ihre ursprüngliche Fassadengestaltung ist nicht mehr ablesbar. Die Unterschutzstellung im Rahmen der Denkmalpflege ist an diesem Standort nicht angebracht.

Quellen / Literaturtipps:

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