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       Autor: Thomas Kantschew (www.das-neue-dresden.de) Kurzcharakteristik  | 
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| Lage: | zwischen Pirnaischem Platz, Georgplatz und Hygienemuseum Adresse: St. Petersburger Straße 9-15  | 
  
| Stadtteil: | Seevorstadt-Ost | 
| Planer: |  
       Kurt Röthig, Heinz Berndt (Städtebau), Axel Magdeburg, Werner 
        Schmidt und Kollektiv (Entwurf / Architektur); Herbert Zimmer, Peter Schramm, 
        Siegfried Thiel (Architektur Betriebsgaststätte);  | 
  
| Bauphase: | 1968-1974 | 
| Kurzbeschreibung: | 
       6-geschossiges Verwaltungsgebäude mit Terrassengeschoss, 16639 m² Nutzfläche für 1700 Arbeitskräfte, 2-Megapond- Stahlbetonskelettbauweise mit vorgehängter Aluminium-Glas- Fassade, Farbglasbrüstungen 6-geschossiges Institutsgebäude mit zwei Innenhöfen, 31465 m² Nutzfläche mit 2400 Arbeitskräften (2 Megapond), horizontale Fassadengliederung, Leichtbetonbrüstungen mit Meißner Wellenverblender Betriebsgaststätte: Flachbaukörper mit Eingangsterrasse, 800 Gaststättenplätze, 2- u. 5-Megapond- Stahlbetonskelettbauweise  | 
  
| Nutzung: | erbaut für die Mikroelektronikforschung und -produktion, heute unter dem Begriff Lingnerstadt bzw. robotron-bürozentrum Mischnutzung mit Büros, Handel, Freizeiteinrichtungen usw. | 
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       Beschreibung:  Mitte der 60er Jahre wurde zwischen SED-Kreisleitung und VEB Wohnungs- 
        und Gesellschaftsbau der Beschluß gefaßt, die Zukunftsindustrie 
        Rechentechnik / Mikroelektronik zentral direkt in der Stadtmitte anzusiedeln. 
        Eine der größten Freiflächen war dieses leere Areal zwischen 
        Hygiene-Museum und Rathaus. Natürlich korrespondierte die großzügig 
        repräsentative Verkehrsachse der Leningrader Straße mit den 
        klaren, im damaligen Sinne moderen Bürobauten zu einer städtebaulichen 
        Einheit. 1969 - Planung Pirnaischer Platz Ursprünglich war ein 17-geschossiges Bürohochhaus am Georgplatz 
        vorgesehen, in aufwändiger Konstrukion mit jeweils 2 Stahlstützen. 
        Dieses wurde jedoch nie gebaut. Ebenfalls fallengelassen wurde ein großer 
        Fußgänger-Übergang zur breiten, repräsentativen neuen 
        Lingner-Allee, einer autofreien Straße. Besonderer Leckerbissen 
        für Freunde ausgefallener DDR-Nachkriegsmoderne wären an der 
        Grunaer Straße zwischen den Wohnhochhäusern die kleinen niedrigen 
        Pavillons gewesen mit einem nicht rechtwinkligen Grundriß und außergewöhnlichen 
        Betonschalendächern. Architektur der frühen 70er Architektonisch kann man auf den ersten Blick dem jetzt vorhandenen Robotrongelände 
        wenig Charakteristisches abgewinnen. Auffällig sind die markanten 
        Beton-V-stützen am Atrium in 2 MP Stahlskelettbauweise, die hinter 
        Glas zu entdecken sind. Beide Atrium-Hof-Komplexe zeichnen sich durch 
        eine starke horizontale, bandartige Gliederung durch umlaufende Fenster- 
        und Brüstungselemente aus. Im Inneren gab es vor 1989 in den Laborräumen 
        und im Rechenzentrum (mit riesigen Rechenmaschinen R 300) bereits eine 
        Vollklimatisierung. Der ganze Komplex war ursprünglich für 8 
        verschiedene Forschungseinrichtungen konzipiert (u.a. ein Fernsehzentrum 
        mit Aufnahmesaal von Prof. Ardenne mit angedacht). Später hat einzig 
        und allein das Robotronzentrum alle Gebäude für sich vereinnahmt. Große bildkünstlerische Pläne für die sozialistische Menschengemeinschaft Um 1969 extistierten umfangreiche Pläne zur künstlerischen Ausgestaltung des Geländes. Aus unbekannten Gründen blieben diese jedoch fast alle in der Schublade. So sollte an dem Instituts- und Verwaltungskomplex mit geplanten 6.500 Arbeitsplatzen (!) "die bildkünstlerische Gestaltung des Gesamtkomplexes die sozialistische Menschengemeinschaft und die sich in ihr entwickelnde, allseitig gebildete, sozialistische Persönlichkeit als Gestalter der wissenschaftlich-technischen Revolution eindrucksvoll manifestiert" werden. Entwürfe existierten bereits zu einem monumentalen Wandbild am Rechenzentrum mit einer Größe von 500 qm. In dem Artikel "Zur Synthese von Architektur und bildender Kunst 
        bei der Gestaltung des Stadtzentrums von Dresden" (in: deutsche architektur 
        3/ März 1969) vom Dresdens Stadtarchitekt Kurt Leucht heißt 
        es weiter: "Dresden hat mit seiner Tradition und mit seiner Perspektive 
        aber auch in den zahlreichen schöpferischen, erfahrenen älteren 
        und nach Vollendung strebenden jungen Bildhauern, Malern und Grafikern 
        die besten Voraussetzungen, sich zu einem Zentrum der sozialistischen 
        Kunst in der Deutschen Demokratischen Republik zu entwickeln." Ein 
        geringer Teil dieses damaligen hohen künstlerischen Anspruchs konnte, 
        sieht man die Robotronbauten mal genauer an, durchaus umgesetzt werden. 
        In den 80er Jahren kam die eindrucksvolle Figurengruppe auf dem unbenannten 
        Platz gegenüber dem Rathaus hinzu. Das Ornament in der Moderne - Wandgestaltung durch Betonformsteine Diese besondere Betonung meist der Stirnseiten von Bürogebäuden 
        durch plastische Formsteine kann als ein hervorstechendes Merkmal einer 
        durchaus künstlerisch experimentierfreudigen Epoche gelten. Man hatte, 
        laut Aussagen des Architekten A. Magdeburg, aus der Not eine Tugend gemacht: 
        da es zur damaligen Zeit in der DDR kaum großflächige Glasscheiben 
        gab, ließ man sich gestalterisch etwas einfallen und entwickelte 
        in Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern eben jene gereihten Formsteinfassaden.  Allgemein wird die Tristesse der kubischen Baublöcke beklagt - 
        übersehen wird dabei gerade jene abwechslungsreiche Gestaltungsfreude 
        durch den Baustoff Beton. Die industrialisierte Fertigung ermöglichte 
        und provozierte zugleich eine rasche Produktion von Fertigteilen. Trotzdem 
        überrascht die Fülle der verschiedenen, zum Teil äußerst 
        fantasievollen abstrakten geometrischen Formen, die als wiederholende, 
        zuweilen versetzte rhytmische Reihung der dreidimensionalen Einzel-Ornamente 
        eine belebende architektonische Textur erzeugen. Das Licht- und Schattenspiel 
        der typisierten Bauelemente gerät aus der heutigen Perspektive von 
        zunehmender Glätte und Relieflosigkeit zeitgenössischer Architektur 
        zu einer Besonderheit - eben z.B. die cremeweißen korbflechtartigen 
        Wellenverblender am Robotron Atrium 1 durch die Meißner Keramikwerke. Leider sind diese Beton- und Keramikformsteine durch unsensible Sanierungen oder Komplettabrisse stark der Zerstörung ausgesetzt. In unsanierten Quartieren wie dem Robotron-Gelände geben sie jedoch immer noch ein sichtbares Beispiel für den Gestaltungsanspruch einer frühen DDR-Moderne, die sich später - durch den Einfluss internationaler Postmoderne, immer vergröbernder und weniger selbstbewusst äußerte. Denkmalpflege: Heute hat der offene städtische Raum mit seinem verblichenen Ostcharme eine ganz eigene Ausstrahlung. Natürlich ist die riesige Weite des Städtebaus, an heutigen Maßstäben von städtischer Dichte und Urbanität gemessen, undiskutabel. Und dennoch: das Provisorium birgt große Potentiale und sollte stärker in das stadtplanerische Blickfeld rücken. Die im Herbst 04 errichtete, ebenerdige Fußgänger- überquerung von der Kreuzstraße in Richtung Lingner-Allee war ein erster Schritt, um die Abschnürung dieser beiden Stadtteile zu überbrücken. Diese war bereits im ursprünglichen Plan in einer Breite von über 50 Metern über die Schnellverkehrstraße vorgesehen. Auch der städtebaul. Wettbewerb 1994 des ersten Preisträgers vom Architekturbüro Müller, Djordjevic-Müller und Krehl aus Stuttgart sah eine große Querung vor. Diese Idealplanungen für den östlichen Altstadtring von Anfang 
        der 90er sind jedoch über ein Jahrzehnt später überholt 
        und in Zeiten stagnierenden Wachstums Makulatur. Links: www.lingner-stadt.de 
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