Kurzcharakteristik
Lage: Freiberger Platz 2
Stadtteil: Wilsdruffer Vorstadt
Architekten:

Claus Kaiser, Helmut Regel, Joachim Hans Schulz (VEB Hochbau-Projektierung)

Bauphase: 1963/64
Kurzbeschreibung: monolithischer Stahlbetonskelettbau, 10-m-Sprungturm, Lehrbecken
Nutzung: Trainingsstätte für Kunst- und Turmspringen

Beschreibung:

Die Trainingsstätte für Kunst- und Turmspringen bildet mit der Schwimmsporthalle die westliche Bebauung des Freiberger Platzes. Durch die zentrale Lage der Trainingsstätte wird deren hohe gesellschaftliche und politische Bedeutung hervorgehoben.
Der Komplex besteht aus drei Baukörpern, der Sprunghalle, der Gymnastikhalle und den Unterrichtsräumen. Alle Gebäude wurde als monolithischer Stahlbetonsskelettbau unter Verwendung von getypten Elementen insbesondere in Bereich der Deckenteile, Dachbinder, Dachplatten, Stützen usw. errichtet. Die Projektierung begann 1962. Zu diesem Zeitpunkt wurde im Hinblick auf die im Oktober 1964 stattfindenden Olympischen Sommerspiele in Tokio die Inbetriebnahme der Trainingsstätte für April 1964 festgelegt. Darum wurde bei der Projektierung eine erhöhte Montagefähigkeit angestrebt.

Für die Errichtung des gesamten Außenmauerwerk wurden Mauerziegel vorgesehen. Aufgrund wärmephysikalischer Forderungen wurden Giebel- und Rückwände in Hochlochziegel ausgebildet. Die tragenden Außenwände und Schäfte wurden teilweise gesondert errichtet, die durch Stahlbetonsäulen bzw. Riegel und Stahleinlagen bewehrt wurden. Auch das gesamte Innenmauerwerk, tragende Querwände bzw. Zwischenwände wurden gemauert. Alle drei Baukörper sind nur erdgeschossig errichtet, das heißt die Dachdecke bildet konstruktiv gleichzeitig auch die Raumdecke. Die Sprunghalle erhält als Raumabschluss eine akustische Zwischendecke, die gleichzeitig auch wärmegedämmt ist, so dass das Dach der Halle als Kaltdach ausgebildet ist. Die Konstruktion für das Dach der Gymnastikhalle ist die gleiche. Die Unterrichts- und Sanitärräume sind durchlaufend in gleichen Höhen mit einer untergehängte Drahtputzdecke versehen. In diesem Zwischenraum wird die gesamte Be- und Entlüftungsanlage aufgenommen.

Als Tragkonstruktion für das Dach der Sprunghalle dienen fünf Spannbetonbinder aus Fertigteilen für eine Spannweite von 21 m. Dieser Binder ist trapezförmig und nimmt die Dachdecke sowie die untergehängte Zwischendecke auf. In der Gymnastikhalle bilden drei Stahlbetonparallelbinder mit einer Spannweite von 12 m die tragende Dachkonstruktion. Für die Unterrichtsräume wurden neun Stahlbetonparallelbinder mit 7,50 m Spannweite verwendet. Die Dachneigung von 8 % für alle Binder wurden dem Typenkatalog entnommen.

Sprunghalle

Die Sprunghalle ist als Hallenbaukörper ausgebildet. Die Nordostfassade stand als Glasfassade den anderen drei Raumwänden offen gegenüber. Der gesamte umlaufende Gebäudesockel ist in Zementputz glatt verrieben und mit einem Farbanstrich ausgeführt. Die Fenstersäulen der Sprunghalle und der Gymnastikhalle, die Hauptsimse und Simsbänder bleiben in Sichtbeton mit Farbanstrich bzw. roh sichtbar. Die beiden Giebel der Sprunghalle erhalten zur plastischen dekorativen Gestaltung trogartige bzw. flächige Betonelemente, die rhythmisch versetzt wurden. Die trogartigen Elemente sind mit farbigen Kleinmosaik ausgelegt. Die an den Giebeln verblendeten Flächen sind mit Kratzputz-Edelputz ausgebildet. Die Flächen auf der Sprunghallenrückseite sind in Kratzputz farbig ausgebildet, ebenso die Flächen an den Außenwänden der Gymnastikhalle. Sämtliche Fenster sind außen zweifarbig abgesetzt.

Den Innenraum dominiert das 18 x 14 x 4,50 m große Sprungbecken. An beiden Giebelseiten der Halle sind Sprungtürme angeordnet. Am Südgiebel befindet sich der zehn Meter hohe Sprungturm, der mit Plattformen in einer Höhe von 1,00 m, 3,00 m, 5,00 m, 7,50 m und 10 m Höhe ausgestattet ist. Zu beiden Seiten des Sprungturmes sind zwei 3 m Sprungtürme mit Federbrettern angeordnet. Auf der gegenüberliegenden Seite des Wasserbeckens befinden sich zwei 1 m Sprungbretter auf Sockeln, ein 3 m Sprungbrett auf einer Plattform sowie ein Hydrauliksprungturm, dessen Höhe von 1,5 m bis 4 m Höhe stufenlos verstellbar ist. An der Fensterseite der Halle ist eine durchlaufende beheizte Sitzbank angeordnet. Der gesamte Beckenumgang ist unterhalb der Decke mit einer Fußbodenstrahlungsheizung ausgebildet. Vom Beckenumgang führt eine freitragende Stahlbetontreppe zum Galeriegeschoss an der westlichen Raumseite. Die Galerie dient den Aufenthalt der Schüler zu Beobachtungen des Springens bzw. zur Aufnahme des Springens mit Zeitlupenkameras. Von der Galerie führt eine Treppe in den Dachraum.
Im dahinter liegenden Teil der Sprunghalle befinden sich die Umkleide-, Wasch- und WC-Räume und der Arztraum sowie ein Schwimmmeisteraum.

Gymnastikhalle

Die Gymnastikhalle schließt sich im Westen an die Sprunghalle an. Sie ist mit einer Vielzahl von Turngeräten und speziellen Hängevorrichtungen ausgestattet. Der Fußboden entspricht als Schwingfußboden aus Holz mit Verankerungen für die Geräte den besonderen Nutzungsansprüchen.

Unterrichtsräume

Die Unterrichtsräume schließen sich in der Verlängerung des Sozialteiles der Sprunghalle fortlaufend an. Am Flügel des Unterrichtsteils sind vor- und zurückliegende Putzfelder in Verbindung mit den Fensterschäften ausgeführt. In ihrer Struktur wechseln Edelkratzputz mit Glattputz und Anstrich. Die Giebel des Unterrichtsflügels sowie der Luftschacht an der Gebäuderückseite ist als Verblendmauerwerk in rotbunten Klinkern ausgeführt.
Dieser Gebäudeteil ist zusätzlich über eine Eingangshalle zugänglich. Die Raumkonzeption entspricht der Nutzung der Unterrichtsräume für 30 Schüler. Es gibt einen Besprechungs- und Arbeitsraum sowie einen Trainierraum.

Freiflächengestaltung

In engem Zusammenhang mit der Projektierung der Trainingsstätte steht die Freiflächengestaltung im umliegenden Areal. Die Gesamtgröße der Grünfläche und der Außenanlagen beträgt 4800 m². Für die Anpflanzungen musste zunächst Mutterboden auf die bis zu 2,50 m dicken Trümmerflächen aufgetragen werden.
Entsprechend der Größe und der Funktion des Projektes sollte auch für die Außenanlagen eine repräsentative Lösung mit klarer Linienführung und -begrenzung gefunden werden. Die Gestaltungselemente sollten wirksam das Anliegen der Architekten unterstützen, dass heißt das gesamte Bauvorhaben sollte als einheitlicher städtebaulicher Komplex in die Stadtgestaltung eingegliedert werden. Die besondere Aufmerksamkeit galt der Großgrünordnung, welche die Raumwirkung unterstützen und den sehr stark reduzierten Grünbestand in diesem Gebiet bereichern sollte. Deck- und Blütensträucher wurden als dekorative (massierte) Gruppenpflanzungen vorgesehen. Die Pflanzen wurden nach soziologischen Aspekten ausgewählt.
Der 4,35 m breite Zugangsweg zum Eingang der Trainingsstätte erfolgt über eine Treppenanlage, die geradlinig in das Gebäude führt. Die Stufen wurden seitlich von einer Waschbetonmauer und einer Rasenböschung begrenzt. Von beiden Seiten sollte eine reibungslose Einmündung der Fußgänger ermöglicht werden. Für den Standort der Plastik waren günstige Sichtbeziehungen ausschlaggebender Faktor.

Denkmalpflege:

Die Trainingsstätte für Kunst- und Turmspringen sowie die nördlich anschließende Schwimmhalle stehen nicht unter Denkmalschutz.
Sie stellen dennoch sehr gute Beispiele für den Sportstättenbau dieser Zeit dar. Die Gebäude der Trainingsstätte für Kunst- und Turmspringen insbesondere die Sprunghalle charakterisieren den Übergang zwischen dem Bauen nach nationalen Traditionen und der Fertigbauweise. Vor allem die Ausbildung der Außenfassaden stehen für eine eher funktionale Gestaltung im Gegensatz zu den sonst dekorativen Schmuckelementen des Bauens der fünfziger Jahre. Dieser Auflage folgt auch die einfache, strukturierte Innenausstattung der einzelne Gebäudeteile.
2003 wurde die Sprunghalle umfassend modernisiert und mit einem Anbau versehen. Dieser wurde notwendig, um eine große Zuschauertribüne einbauen zu können. Damit sollte die Halle auch für internationale Wettkämpfe tauglich gemacht werden. Dem Anbau fiel jedoch das charakteristischste Element der Halle, die vollflächige Glasfassade in Richtung Freiberger Platz zum Opfer.

Quellen / Literaturtipps:

Nr. [5] - [11]